Close filter
Personalvorstand

swissVR Monitor – Simone Stebler über die Zukunft des Talentmanagements aus Personalberater-Sicht

  • März 2021

„In Zeiten des Umbruchs rückt die Bedeutung einer inklusiven Unternehmenskultur weiter in den Vordergrund. Niemand hat mehr alle Antworten auf alle Fragen. Gute Antworten können vielmehr von überall herkommen – unabhängig von Hierarchielevel oder Erfahrungshintergrund.“

swissVR Monitor: Was werden in Zukunft die größten Herausforderungen beim Thema Talentmanagement auf Ebene der Geschäftsleitung sein?

Simone Stebler: In der Politik werden „Diversity and Inclusion“ in Führungsgremien zurzeit verstärkt thematisiert: Kamala Harris ist die erste weibliche und schwarze Vizepräsidentin. Nanaia Mahuta ist die erste weibliche und die erste indigene Außenministerin Neuseelands. Ernannt wurde sie von Jacinda Ardern, einer der jüngsten Regierungschefinnen. In Bidens Kabinett wird Pete Buttigieg der erste offen homosexuelle US-Minister. Die Wirtschaft sollte hier nachlegen – insbesondere, wenn man sich die mannigfaltigen Vorteile der Diversität vor Augen führt wie z. B. stärkere Innovationskraft, Verhinderung von Gruppendenken, erhöhte Reputation oder besseres Employer Branding. 

Unser Global Board Diversity Tracker 2020 zeigte: Weibliche CEOs und CFOs sind gerade in den von uns untersuchten größeren Schweizer Unternehmen eine Rarität. Entsprechend können Verwaltungsräte in der Schweiz bei der Geschäftsleitungsnachfolge noch viel Potenzial für mehr Vielfalt und Inklusivität ausschöpfen. Dabei lohnt es sich, dass sich der Verwaltungsrat die Zeit nimmt, um sich über die spezifischen Vorteile von mehr Vielfalt für das Unternehmen klar zu werden und diese Vorteile authentisch zu vertreten. Wird Diversität fälschlicherweise als „tick the box“-Übung wahrgenommen, so fehlt es an der Basis für die Schaffung einer inklusiven Unternehmenskultur.

swissVR Monitor: Was sehen Sie zukünftig als die wichtigsten Kompetenzen von Führungskräften an?

Simone Stebler: In Zeiten des Umbruchs rückt die Bedeutung einer inklusiven Unternehmenskultur weiter in den Vordergrund. Niemand hat mehr alle Antworten auf alle Fragen. Gute Antworten können vielmehr von überall herkommen – unabhängig von Hierarchielevel oder Erfahrungshintergrund. Entsprechend tun Verwaltungsräte bei der Geschäftsleitungsnachfolge gut daran, nebst den unbedingt weiterhin wichtig bleibenden Kompetenzen wie Vision und Resultatorientierung die teamzentrierten Fähigkeiten wie gute Moderations- und Kommunikationsfähigkeiten, den Willen zuzuhören und sich auf Neues einzulassen von Kandidat/innen zu beurteilen.

Der Wille zur Selbstreflexion und die Freude an der persönlichen Weiterentwicklung sind weitere zentrale Eigenschaften für künftig erfolgreiche Führungskräfte. Die Notwendigkeit des lebenslangen Lernens sollte nicht bloss akzeptiert, sondern als Chance für persönliches Wachstum wahrgenommen werden. In der Tat sehen wir heute vermehrt auch auf Verwaltungsratsebene ein steigendes Interesse einerseits an der Weiterentwicklung der eigenen Effektivität als Verwaltungsratsmitglied und andererseits an externem Input im Rahmen von fokussierten Sessions zu Themen wie z. B. Agilität oder Data Governance. 

swissVR Monitor: Welche modernen Führungstrends sehen Sie in Schweizer Unternehmen immer mehr „im Kommen“?

Simone Stebler: Digitale Ökosysteme waren in letzter Zeit auch in der Schweiz in aller Munde und dürfen nicht als Trend missverstanden, sondern sollten als bleibende Realität wahrgenommen werden. Synergien schaffen diejenigen Führungspersönlichkeiten, die nicht nur unterschiedliche Menschen in ihren Teams ansprechen können, sondern es auch vermögen, ihre wachsenden und heterogenen Stakeholder-Ökosysteme zu adressieren.

Digitale Plattformen, die sich durchsetzen wollen, haben im Idealfall gute Ausgangsbedingungen und bestenfalls die perfekte Lösung für ihre Kunden. Diese entwickelt man am ehesten vom Kunden kommend, mittels agiler Methoden.

Agile Führungsmethoden werden auch weiterhin an Bedeutung zunehmen. Dreh- und Angelpunkt bleibt auch dabei die inklusive Führung, um aus der Summe einzelner Individuen ein größeres Ganzes zu schaffen. Dem Verwaltungsrat kommt dabei eine nicht zu unterschätzende Bedeutung beim Vorleben von inklusiven Verhaltensweisen zu.

swissVR Monitor: Was ist für Sie Best Practice bei der Identifikation von Führungskräften?

Simone Stebler: Um mehr Diversität auf Ebene der Geschäftsleitung zu schaffen, ist es wichtig, dass sich die in den Selektionsprozess involvierten Personen ihrer Vorurteile bewusst werden. Diese Vorurteile beziehen sich oft auf Hautfarbe, Alter, Geschlecht oder aber auch den Bildungs- und Karriereweg. Unbewusst entscheiden wir uns häufig für Menschen, die uns selber ähnlich sind – und wirken so Diversität entgegen. Sich der eigenen Vorurteile bewusst zu sein und sie im Rahmen von Nachfolgeprozessen im Selektionsgremium offen anzusprechen und auszuräumen, sind wesentliche Erfolgsfaktoren bei der Identifikation künftiger Führungskräfte. 

swissVR Monitor: Wo sehen Sie Chancen für Unternehmen bei der CEO-/Geschäftsleitungsnachfolge?

Simone Stebler: Die wenigsten zukunftsfitten CEOs und Geschäftsleitungsmitglieder haben die für die Rolle erforderlichen Fähigkeiten alleine ausgebildet oder bringen diese bereits bei der Ernennung mit. Vielmehr brauchen die künftigen Top-Führungskräfte Raum zu wachsen, echte Sparringspartner und auch interne Vorbereitung.

Unsere CEO-Studie zeigte, dass nur gerade 37 Prozent der befragten CEOs sich für ehrliches Feedback zu ihrer eigenen Entwicklung an ihre Verwaltungsratspräsident/innen wenden und dass sich nur 28 Prozent der intern beförderten CEOs auf ihre neue Rolle gut vorbereitet fühlten. Es besteht also Potenzial für mehr offenes, ehrliches und konstruktives Feedback bei der Interaktion zwischen Verwaltungsrat und CEO und für mehr Unterstützung der persönlichen Entwicklung der CEOs während der gesamten Amtszeit. Eine verantwortungsvolle Position auszufüllen ist immer auch ein Sprung ins kalte Wasser. Mit dem richtigen Schwimmtraining zuvor und weiterführendem Coaching bleibt es dann allerdings nicht beim Sprung.

Veröffentlichung auf unserer Website mit freundlicher Genehmigung von swissVR Monitor.
Quelle: SwissVR Monitor I/2021, Februar 2021 

Themengebiete in diesem Artikel

Changing language
Close icon

You are switching to an alternate language version of the Egon Zehnder website. The page you are currently on does not have a translated version. If you continue, you will be taken to the alternate language home page.

Continue to the website

Back to top